Wie lernen wir unsere Muttersprache?

Wie lernen wir unsere Muttersprache?
Wir lernen unsere Muttersprache nicht erst durch Bücher, sondern schon im Bauch unserer Mama kennen. (Foto: dpa)

Englische Grammatik kann ganz schön fies sein. Oder spanische. Und französische erst! Brütest du manchmal auch über deinen Sprachbüchern und fragst dich, warum du eigentlich Deutsch so gut kannst? Wie lernt man seine Muttersprache überhaupt? Darüber haben wir mit der Sprachwissenschaftlerin Petra Schulz von der Uni Frankfurt gesprochen. Denn am Sonntag ist Tag der Muttersprache.

Das braucht ein Baby

„In der Wissenschaft heißt Muttersprache Erstsprache“, erklärt Petra Schulz. „Denn es ist die Sprache, die das Kind von seinen Eltern als Erstes hört und lernt.“ Damit es Babys leicht fällt,  die Sprache zu lernen, muss es gesund sein, hören und sehen können. Und: Es braucht Eltern, die mit ihm sprechen. Vor langer Zeit wollten Forscher herausfinden, ob es eine Ursprache gibt. „Es gab schreckliche Versuche mit Babys, die nur von einer Amme versorgt wurden, aber mit denen niemand sprechen durfte“, erzählt Petra Schulz. „Diese Kinder lernten gar nichts, waren sehr unglücklich und konnten sich nicht normal entwickeln.“ Das heißt: Eine sprechende Umgebung ist wahnsinnig wichtig für das Kind.

Ist alles schon da?

Doch wenn Menschen da sind, die mit dem Kind sprechen, lernt es seine erste Sprache quasi automatisch. „Wir Menschen sind dafür gemacht, Sprachen zu lernen“, sagt Petra Schulz. Babys haben die Fähigkeit zu sprechen schon bei der Geburt in sich.   Forscher streiten sich aber schon  lange darum, wie viel angeboren ist. Manche Forscher, wie auch Petra Schulz, meinen, dass jeder Mensch in jedem Land der Welt einen Bauplan in sich hat, um Sprachen zu lernen. Diese Theorie nennen sie „Universal-Grammatik“. Petra Schulz erklärt das so: „In meinem Kopf gibt es Tu-Wörter, die einen Mitspieler brauchen. Das Wort aufmachen funktioniert alleine nicht, es braucht ein Objekt, wie das Wort Tür. Das ist im Bauplan festgelegt. Allerdings muss ich je nach Sprache lernen, in welcher Reihenfolge die Wörter im Satz kommen.“ Denn im Deutschen heißt es ja: Du sollst die Tür aufmachen. Im Englischen aber: You should open the door.

Welche Sprache lernst du?

Es gibt sooo viele Sprachen. Jede ist für irgendwen eine Muttersprache. (Foto: dpa)

Es gibt sooo viele Sprachen. Jede ist für irgendwen eine Muttersprache. (Foto: dpa)

Welche Sprache das Baby lernt, hängt davon ab, was in seiner Umgebung gesprochen wird. Ein Kind, das mit seinen deutschen Eltern in Deutschland aufwächst, wird immer Deutsch als Erstsprache lernen. Aber ein Kind mit einer französischen Mutter, das in China aufwächst, wird, wenn die Mutter Chinesisch mit ihm spricht, als Erstsprache Chinesisch haben. „Welche Sprache wir lernen, ist auf keinen Fall angeboren“, sagt Petra Schulz. Und weißt du was? Kinder von Eltern, die nicht sprechen können und sich mit Gebärdensprache unterhalten, lernen diese Zeichen und Gesten als ihre Muttersprache. „Gebärdensprache ist eine echte Sprache, so wie Deutsch oder Englisch“, sagt Petra Schulz. Außerdem kann ein Kind auch problemlos mit zwei oder drei Erstsprachen aufwachsen, wenn die amerikanische Mutter Englisch mit ihm spricht und der deutsche Vater Deutsch.

Warum ist Sprachenlernen später schwerer?

Du lernst also problemlos deine erste Sprache. Aber warum musst du dich in der Schule so anstrengen, um neue Sprachen zu lernen? „Im Unterricht ist alles viel künstlicher, man hört die Sprache nur in der Stunde und lernt bewusst nach einem Plan “, sagt Petra Schulz. „Und je älter man wird, desto schwieriger ist es, eine neue Sprache zu lernen.“ Denn es gibt eine Zeit in der Kindheit, in der du besonders gut sprachliche Sachen lernen kannst: Etwa nach einem Jahr hast du mit Sprechen angefangen. Wie Laute in deiner Sprache klingen, hast du zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr gelernt. Wie Sätze gebildet werden, zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr. Nur neue Wörter kannst du dein Leben lang gleich gut lernen.

Von Angela Sommersberg