Eine Detektivin für geraubte Kunst

Eine Detektivin für geraubte Kunst
Julius Schoeps und die Forscherin Irena Strelow stehen vor den zurückgegebenen Kunstwerken. Foto: Karlotta Ehrenberg/dpa

Nicht alle Detektive und Detektivinnen arbeiten mit Lupe und Spürhund. Einige wälzen lieber alte Papiere. Eine davon ist Irena Strelow. So fand sie sechs Kunstwerke.

Marie Busch floh aus ihrer Heimat Deutschland. Nicht erst vor Kurzem, sondern vor 84 Jahren. Sie flüchtete vor den Nationalsozialisten, auch Nazis genannt. Als diese unter ihrem Führer Adolf Hitler das Land beherrschten, taten sie viele schlimme Dinge. Sie waren für den Zweiten Weltkrieg verantwortlich und verfolgten Millionen von Menschen, vor allem Jüdinnen und Juden. Die Nazis nahmen Marie Busch alles weg, was sie besaß, darunter auch Kunstschätze. Das taten sie auch bei zahlreichen anderen Menschen. Raubkunst nennt man das.

Marie Busch floh vor den Nationalsozialisten nach England. Foto: -/privat/dpa

Noch immer sind nicht alle Kunstwerke, die damals geraubt wurden, an die Familien zurückgegeben worden. Oft ist es schwierig zu klären, wo die Kunstwerke sind und wem sie wirklich mal gehörten. Aber einige Forscherinnen und Forscher arbeiten daran. Zu ihnen gehört Irena Strelow. Sie kümmerte sich auch um sechs Kunstwerke von Marie Busch.

Sechs Tonreliefs

„Bei den Kunstwerken handelt es sich um sechs Tonreliefs“, sagt die Forscherin. Ein Relief ist ein Bild, das aus einer Fläche herauskommt. Die Relief-Bilder von Marie Busch stammen vom Bildhauer Johann Gottfried Schadow. Nachdem sie geraubt wurden, lagen sie jahrzehntelang im Lager eines Berliner Museums.

Auf die Spur dieser Kunstwerke kam Irena Strelow durch eine alte Akte. Das ist eine Mappe für Schriftstücke, wie sie auch heute noch in Ämtern genutzt wird. Die Akte stammte vom sogenannten Amt für Vermögensverwertung. „Die sollten das von den Juden geraubte Gut zu Geld machen“, erklärt Frau Strelow.

Dieses Reliefbild wurde von den Nazis beschlagnahmt. Foto: Karlotta Ehrenberg/dpa

In der Akte mit dem Namen „Marie Busch“ befindet sich eine lange Liste der Dinge, die auf einer Versteigerung verkauft wurden. Von ihrer wertvollen Porzellansammlung über Möbel bis hin zur Bettwäsche ist alles dabei. Die sechs Kunstwerke fehlen jedoch. „Die wurden schon vorher an die National-Galerie verkauft“, weiß Frau Strelow. Nur 300 Mark zahlte das Museum dafür.

Beweise gefunden

Dafür hat sie in der Akte Beweise gefunden. „Es gibt hier einen Brief, in dem der Direktor der National-Galerie sein Interesse an den sechs Tonreliefs bekundet“, sagt Frau Strelow. Aber woher wusste er davon? „Marie Busch hat mit ihrer Familie nicht weit vom Museum gewohnt“, sagt Irena Strelow. Wahrscheinlich waren die Museumsleute dort auch mal zu Gast und wussten, was alles an den Wänden hing.

Als Nächstes ging Irena Strelow zum Museum und schaute dort ins Archiv. „Tatsächlich tauchten die Werke auch in den Museumsakten auf“, sagt sie. Das Museum schaute in seinen Lagern nach. Tatsächlich fand es dort die vermissten Stücke! Daraufhin gab es sie zurück.

Marie Busch lebt heute nicht mehr. Aber ihr Enkel Julius Schoeps konnte die Bilder entgegennehmen. Für ihn ist die Rückgabe nicht nur wegen der schönen Reliefs seiner Großmutter wichtig. Er sagt: „Es geht um Gerechtigkeit.“

Von Karlotta Ehrenberg (dpa)