Bleigießen und Kartenlegen

Bleigießen und Kartenlegen
An Silvester wird in vielen Haushalten in Deutschland Blei über einer Flamme erhitzt. (Foto: dpa)

Warum versuchen wir, an Silvester die Zukunft vorherzusagen?

Sieht diese Form nicht aus wie ein Hufeisen? Das bedeutet, dass du nächstes Jahr Erfolg in der Schule haben wirst. Dieser graue Klumpen da drüben bei deiner Mutter – ist das nicht eine Kanne? Dann könnte etwas Unangenehmes passieren. Und das bei deiner Schwester ist doch ein Kleeblatt! Eindeutig: Sie wird Glück haben. Macht ihr an Silvester auch Bleigießen? Aber warum eigentlich?

Welche Bräuche gibt es?

Aus Blei formen sich ganz unterschiedliche Figuren. (Foto: dpa)

Du weißt bestimmt, wie es geht: Beim Bleigießen erhitzt du Blei in einem Löffel über der Flamme. Ist das Metall flüssig, gießt du es in eine Schüssel mit kaltem Wasser. Im Wasser bildet das Blei eine Figur. Was sie darstellen könnte, diskutierst du mit den anderen Silvestergästen. Im Internet und in den Sets fürs Bleigießen kannst du nachlesen, was welche Figur bedeuten könnte.

Doch es gibt auch noch andere Mittel, mit denen Menschen an Silvester vorhersagen wollen, was das neue Jahr bringt: Manche gießen Figuren aus flüssigem Wachs (funktioniert wie Bleigießen, ist aber besser für die Umwelt und weniger giftig). Andere versuchen aus dem Kaffeesatz, also dem gebrauchten Kaffeepulver, die Zukunft zu lesen. Und wieder andere legen sogenannte Tarot-Karten. Dabei hat jede Karte eine bestimmte Bedeutung.

Glaubst du dran?

Egal, was bei den Spielchen rauskommt – so richtig glaubt keiner daran. Oder hattest du gehofft, dass du wegen eines Hufeisens beim Bleigießen in der Schule plötzlich zum Einser-Schüler wirst? Trotzdem machen wir diese Spiele Jahr für Jahr. Einerseits natürlich, weil es lustig ist und man sich damit die Zeit zwischen Raclette und Feuerwerk gut vertreiben kann. Andererseits hoffen wir aber irgendwie doch, dass die Vorhersage stimmt, zumindest, wenn sie gut ist. Dass wir nächstes Jahr in Mathe vielleicht nicht von der Vier auf die Eins klettern, aber vielleicht auf die Drei.

Warum machen wir das?

So funktioniert Bleigießen. (Grafik: dpa)

Doch, warum haben wir dieses Bedürfnis, die Zukunft vorherzusagen? Warum lassen wir das neue Jahr nicht einfach auf uns zukommen? Das hat etwas damit zu tun, wie wir Menschen denken und fühlen. Uns geht es besser, wenn wir das Gefühl haben, etwas durch unser Handeln beeinflussen zu können.

Das nennt man Selbstwirksamkeit: Wenn du immer brav Englisch-Vokabeln lernst und in der nächsten Arbeit eine besonders gute Note schreibst, hast du das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Wenn du aber trotz Lernens eine schlechte Note schreibst, frustriert dich das und macht dich unglücklich. Menschen, die das Gefühl haben, viel in ihrem Leben kontrollieren zu können, geht es meistens gut.

Klappt das nicht doch?

Das neue Jahr, also die Zukunft, können wir nicht kontrollieren. Wenn wir aber Spiele wie Bleigießen oder Karten legen machen, glauben wir, dass wir die Zukunft vielleicht doch ein bisschen kontrollieren können.

Und manchmal ist es sogar so, dass Dinge, die diese Spiele vorhergesagt haben, wahr werden. Vielleicht schreibst du in der nächsten Mathearbeit wirklich eine Drei. Die Frage ist nur: War das Zufall? Die Vorhersage? Oder doch du selbst? Denn weil du die gute Vorhersage kanntest, hast du während der Arbeit vielleicht mehr an dich geglaubt als sonst – und warst deswegen entspannter und konzentrierter?

Was auch immer Bleigießen, Kaffeesatz oder Kartenlegen für deine Zukunft vorhersagen – die Duda-Redaktion wünscht dir alles Gute für 2018.

Von Angela Sommersberg