Nikolaus in den Niederlanden: Eine Mischung aus Karneval und Weihnachten

Als Kind habe ich immer zweimal Nikolaus gefeiert. Einmal in Deutschland und einmal in den Niederlanden. Ich bin nämlich direkt an der niederländischen Grenze aufgewachsen. Das Nikolausfest in den Niederlanden fand ich schöner als das deutsche. Es war so viel lustiger und bunter.

Die traditionelle Ankunft von Sinterklaas (Nikolaus) und Zwarte Piet («Schwarzer Peter») mit einem Dampfschiff. Foto: Patrick Post/AP/dpa
Der Nikolaus kommt mit dem Boot
In den Niederlanden heißt der Nikolaus Sinterklaas. Das heißt übersetzt „Heiliger Klaus“. Und der kommt schon Mitte November. Jedes Jahr legt er mit seinem Boot in einer anderen niederländischen Stadt an. Dieses Jahr am 16. November in Apeldoorn. Von da aus bereist er das Land. Meine Mutter wusste immer, wann er in der kleinen Gemeinde bei uns in der Nähe ankommt. Wir sind dann voller Vorfreude dorthin gefahren.
Wie Karneval
Was für ein Fest! Die ganze Stadt ist dann bunt geschmückt und viele Kinder sind unterwegs. Sie sind ein bisschen verkleidet, haben kleine rote Bischofsmützen auf, wie Sinterklaas sie trägt, oder bunte Mützen mit Federn, wie die vom Zwarte Piet. Das heißt übersetzt „schwarzer Peter“. Er ist der Helfer von Sinterklaas und reist mit ihm durchs Land. Wenn das Boot anlegt, stehen Kinder und Eltern am Ufer und begrüßen die Gäste. Sie winken, rufen ihnen zu und singen die Sinterklaas-Lieder. Sinterklaas zieht mit ganz vielen bunt gekleideten Zwarte Pieten durch die Menge. Er winkt und seine Helfer werfen Süßigkeiten, vor allem kleine runde Pfeffernüsse und bunte Figuren aus weichem Zuckerschaum. Oft reitet Sinterklaas auf einem Pferd, in großen Städten gibt es sogar bunte Wagen und Musikkapellen. Alles wird im Fernsehen übertragen.
Proteste gegen Zwarte Piet
Ich habe Sinterklaas vor allem geliebt, weil ich die Zwarte Pieten so lustig fand. Sie springen herum und lachen viel. Auch bei den niederländischen Kindern sind sie beliebt. Es gibt aber immer mehr Diskussionen über den Zwarte Piet, sogar Proteste dagegen. Viele Menschen finden es nicht gut, dass der Zwarte Piet eine dunkle Hautfarbe hat, dicke rote Lippen und schwarzes krauses Haar. Sie finden es rassistisch und diskriminierend. Auch viele Kinder sehen das so, weil sie selbst schwarz sind und dafür gemobbt werden. Manche erinnert es daran, dass zur Kolonialzeit Schwarze von Weißen als Sklaven benutzt wurden. Sie sagen, die Zwarte Pieten sehen aus wie die Sklaven vom Sinterklaas, denn sie sind ja auch seine Helfer.
Andere sagen, es ist Tradition, dass der Zwarte Piet schwarz geschminkt wird, und nicht Diskriminierung. Sie möchten, dass es so bleibt.
Darum gab es auch in diesem Jahr wieder viele Proteste von beiden Seiten. Manchmal musste sogar die Polizei kommen.
Rußflecken als Kompromiss?
Die Gegner sagen, die Pieten seien schwarz geworden durch den Ruß vom Schornstein. Durch den klettern sie, um den Kindern die Geschenke zu bringen. Darum wurden dieses Jahr in manchen Städten die Pieten nicht ganz schwarz geschminkt, sondern hatten nur ein paar schwarze Flecken im Gesicht, wie Ruß. In anderen Städten gab es eine Mischung aus schwarz-geschminkten Pieten und welchen mit Rußflecken, andere hatten nur die traditionellen Zwarte Pieten.
Noch gibt es keine Einigung.
Geschenkeabend
Sinterklaas reist von Mitte November bis Anfang Dezember durch die Niederlande und bringt den Kindern Geschenke. Nachdem Sinterklaas angekommen ist, stellen alle Kinder abends ihre Schuhe in den Flur. Viele legen für das Pferd von Sinterklaas auch eine Möhre daneben. Jeden Morgen schauen sie gespannt nach, ob schon ein Geschenk darin liegt. Ausgepackt werden die Geschenke aber erst am „pakjesavond“, dem Geschenkeabend. Das ist der 5. Dezember, der Nikolausabend.
Lustige Gedichte
Dann klopft es an der Tür und die Kinder rennen schnell dahin, um Sinterklaas und seine Helfer noch zu sehen. Meist sehen sie aber nur den großen Sack voller Geschenke, den die Besucher dagelassen haben. Es wird auch gewichtelt. Deinem Wichtel schenkst du etwas Selbstgebasteltes, am besten so kreativ und bunt wie möglich verpackt, damit man nicht sieht, was drin ist. Und du musst etwas dichten. Bevor der Wichtel sein buntes Geschenk auspackt, muss er das Gedicht über sich vorlesen. Oft wird der Wichtel darin ein bisschen veräppelt und alle lachen. Sinterklaas ist in den Niederlanden das größte Fest im Jahr. Wichtiger als Weihnachten.
Von Christina Weise