Eine Lösung für Mama, Papa und dich

Vielleicht hast du im Fernsehen schon mal eine Gerichtsverhandlung gesehen. Dort gibt es den Richter, den Staatsanwalt, den Rechtsanwalt, den Täter, das Opfer, die Zeugen. Was man dort nicht sieht: In Wirklichkeit gibt es auch Anwälte für Kinder!
So eine besondere Anwältin ist Astrid Winter aus Düren. Sie erklärt uns, warum auch Kinder manchmal einen Anwalt brauchen. Und warum jedes Kind das Recht darauf hat. Heute nämlich ist Tag der Kinderrechte!
Was ist ein Anwalt für Kinder?
Offiziell heißt ein Anwalt für Kinder „Verfahrensbeistand“. Das sind keine normalen Anwälte. Astrid Winter (57) hat zum Beispiel das Fach Sozialpädagogik studiert und viel über Jura und Gesetze gelernt. Seit mehr als 20 Jahren ist sie Anwältin für Kinder. Pro Jahr betreut sie ungefähr 300 Kinder. Wenn Anwälte für Erwachsene Kinder vertreten wollen, müssen sie eine besondere Weiterbildung machen. Anwälte für Kinder gibt es nur am Familiengericht. Dort werden Fälle behandelt, die – der Name verrät es schon – mit dem Thema Familie zu tun haben. Dass die Kinder einen eigenen Anwalt bekommen, regelt ein Gesetz. Und auch in Artikel 3 der Kinderrechte steht: „Wenn Erwachsene Entscheidungen über dich treffen, sollen sie zuerst daran denken, was das Beste für dich ist.“
Welche Fälle sind das?
Bei den meisten Fällen, die Astrid Winter betreut, geht es darum, dass Eltern sich trennen oder scheiden lassen und sich darüber streiten, was mit dem Kind passiert. Dabei kann es darum gehen, wo das Kind wohnt, ob beim Vater, bei der Mutter oder bei beiden. Und auch, wie oft es der andere Elternteil dann sehen darf. Manchmal geht es aber auch um die Frage, ob ein Elternteil das Kind schlecht behandelt. Solche Fragen werden nicht immer vor einem Gericht entschieden. Aber wenn die Eltern sich gar nicht einigen können und auch das Jugendamt nicht helfen kann, passiert das manchmal. „Dann schaltet das Gericht mich ein“, sagt Astrid Winter. Die Expertin trifft sich mit jedem Elternteil und redet auch alleine mit dem Kind. „Ich frage das Kind dann, was es sich wünscht.“ Dann schreibt sie einen Bericht und macht Vorschläge, wie man die Situation lösen könnte.
Wie geht es dann weiter?
Dann ist die Gerichtsverhandlung. Hier kommen die Eltern mit ihren Anwälten hin (wenn sie welche haben) und auch das Kind mit seinem Anwalt. Während die Erwachsenen im Gerichtssaal reden, wartet das Kind mit einer Begleitperson in einem Spielzimmer. „Irgendwann unterbricht der Richter die Verhandlung und besucht mit mir das Kind“, erzählt Astrid Winter. „Der Richter fragt das Kind nach seinen Wünschen.“ Dann überlegt der Richter sich eine Lösung und bespricht das mit Astrid Winter, den Eltern und jemandem vom Jugendamt. „Meine Aufgabe ist es, die Position des Kindes zu vertreten“, sagt die Expertin. Wenn alle mit der Lösung einverstanden sind, wird eine Vereinbarung getroffen und das Kind informiert.
Warum gibt es Kind-Anwälte?
„Wenn Eltern sich trennen, sind sie oft so mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt, dass sie das Kind aus dem Blick verlieren“, sagt Astrid Winter. Sie erzählt, dass die Kinder sich oft zwischen Mama und Papa hin und her gerissen fühlen, weil sie beide lieb haben. „Viele Kinder werden dann einsam und traurig und manchmal werden sie sogar krank deswegen.“ Das zu sehen, sei das Härteste an ihrem Job, sagt Astrid Winter. Deswegen findet sie es wichtig, dass immer schnell eine Lösung gefunden wird. Aber auch, dass das Kind Kontakt zu Mama und Papa hat. Wenn es dann eine Vereinbarung gibt, ist auch Astrid Winter glücklich. „Wenn ein Kind den Elternteil wieder trifft, den es lange nicht sehen durfte, ist das wie Karamell für meine Seele.“
Von Angela Sommersberg