Ein ganz normales Mädchen

Eine junge Frau mit ernstem, fragendem Blick. Die dunklen Haare ordentlich gescheitelt. Das ist wohl die bekannteste Fotografie von Sophie Scholl. Am Sonntag vor 100 Jahren wurde sie geboren. Sophie Scholl ist bekannt als Kämpferin gegen den Nationalsozialismus und gegen den Krieg. Diesen Kampf bezahlte sie mit ihrem Leben. Doch ihr Mut ist immer noch Vorbild für andere.
Wer war Sophie Scholl?
Sophie Scholl wurde am 9. Mai 1921 im heutigen Bundesland Baden-Württemberg geboren, in einer kleinen Stadt namens Forchtenberg. Ihr Vater war dort Bürgermeister. Als er nicht mehr wiedergewählt wurde, zog die Familie später in die Stadt Ulm. Dort ging Sophie Scholl zur Schule, machte Abitur – und anschließend eine Ausbildung zur Erzieherin. Später begann sie ihr Studium in München.
Wer waren die Nazis?
Als Sophie Scholl jugendlich war, hatten in Deutschland die Nationalsozialisten (abgekürzt: Nazis) um Adolf Hitler das Sagen. Mit ihrer Politik hatten die Nazis nicht nur den Zweiten Weltkrieg angezettelt. Es wurden auch Millionen von Menschen verfolgt und ermordet, unter anderem wegen ihres Glaubens.

Heute erinnert in München ein Denkmal an die Flugblätter, die Sophie Scholl und ihre Mitstreiter verteilten. Foto: Sven Hoppe/dpa
Was machte die Weiße Rose?
Das wollten Sophie Scholl und einige andere Studenten nicht hinnehmen. Zusammen engagierten sie sich ab Juni 1942 in der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Zu der Gruppe gehörte neben Sophie Scholl ihr Bruder Hans Scholl. Auch Alexander Schmorell und Willi Graf machten etwa dort mit. Die jungen Leute schrieben beispielsweise Nachrichten auf Hauswände. Mit schwarzer Farbe malten sie etwa das Wort Freiheit. Sie verschickten Briefe und verteilten heimlich Flugblätter – unter anderem an der Universität in der Stadt München, wo sie studierten.
Was wollten sie bewirken?
Gemeinsam versuchten sie, etwas gegen den Nationalsozialismus zu unternehmen. Sie wollten die Verbrechen beenden und sie wollten unbedingt, dass der Krieg aufhört. Für die deutschen Truppen lief es damals immer schlechter. Eine Schlacht in Russland war in einer fürchterlichen Katastrophe geendet, sehr viele Soldaten hatten ihr Leben verloren. „Mit ihren Aktionen wollte die Weiße Rose die Menschen wachrütteln und zum öffentlichen Protest aufrufen“, erklärt der Geschichts-Fachmann Johannes Tuchel.
Wie ging es weiter?
Widerstand zu leisten, war im Nationalsozialismus aber eine extrem gefährliche Sache. Denn wer erwischt wurde, musste mit schlimmen Strafen rechnen. Genau das ist Sophie Scholl passiert. Bei einer Aktion wurde sie entdeckt, verhaftet und später getötet. Auch anderen aus der Gruppe erging es so. Sophie Scholl wurde nur 21 Jahre alt.
Was bleibt von der „Weißen Rose“?
Traurig daran ist auch: Die Arbeit der „Weißen Rose“ blieb ohne Erfolg. Es gab keinen Aufstand, keinen Protest. Trotzdem ist Sophie Scholl heute berühmt. Fast jeder kennt ihren Namen. Es gab nur wenige, die sich trauten, Widerstand zu leisten. Deshalb sehen viele in Sophie Scholl heute eine Art Superheldin. Es gibt Filme über ihr Leben, Bücher, Statuen und Briefmarken. „In Sophie Scholl wurde wahnsinnig viel hineininterpretiert. Jeder meint, bestimmte Dinge in ihr erkennen zu können“, sagt Johannes Tuchel.
Fritz Hartnagel, Sophies Verlobter, sah das in ihr: ein „ganz normales Mädchen, mit Schwächen und Ängsten“.
Von Stefanie Paul (dpa)