Handwerken? Ist auch was für Mädchen!

Ausmessen, bohren und schleifen: All das und noch viel mehr lernen Mädchen im Handwerkerinnenhaus in Köln. Hier fertigen sie Regale, Frühstückstabletts oder bunte Glas-Spiegel an.
Tuğba, Aysel und Dorotea haben uns gezeigt wie es geht. Sie nehmen teil an „Mädchen machen Karriere – Zukunft in Handwerk und Technik“. Das Projekt findet einmal wöchentlich statt und ist freiwillig für Kölner Schülerinnen ab der 7. Klasse bis ins erste Ausbildungsjahr. Es ist kostenfrei und wird von der Dohle-Stiftung gefördert. Im Handwerkerinnenhaus gibt es aber noch viele weitere Kurse, zum Beispiel ein Projekt für Mädchen, die keine Lust mehr haben, in die Schule zu gehen. Hier lernen sie, dass Schulwissen, zum Beispiel aus dem Mathe-Unterricht, wichtig ist für handwerkliche Projekte. Denn wer eine Lampe baut, muss sich auch mit Rechnen, Geometrie und Physik auskennen.
Das Haus
Das „Handwerkerinnenhaus Köln e.V.“ ist ein großes gemütliches Holzhaus in Nippes mit drei verschiedenen Werkstätten. Das Gebäude ist der alte Bahnhof, der früher in Köln-Worringen stand. Hier gibt es verschiedene regelmäßige Kurse, die nur für Mädchen und Frauen sind. Zusätzlich werden Ferienkurse und mehrtägige Workshops angeboten. Das Haus gibt es inzwischen schon seit 30 Jahren. Entstanden ist es 1989 aus einem Stammtisch von Kölner Handwerkerinnen, die Schwierigkeiten hatten in den typischen Männerberufen einen Job zu finden. Damals wurden ihnen diese Berufe oft nicht zugetraut. Und auch heute ist das noch ein Problem.
Sozialpädagogin Hanna Kunas
Unser Ziel ist es, Mädchen und Frauen im Bereich Handwerk und Technik zu stärken. Die Berufswahl ist ein klares Beispiel dafür, wie typische Vorurteile über Mädchen und Jungen heute noch wirken. Das bedeutet, dass Mädchen Berufe wie Tischlerin, Malerin oder Schreinerin oft gar nicht in Betracht ziehen. Auch weil sie diese häufig einfach nicht kennen. Bei uns lernen die Mädchen Handwerkerinnen als weibliche Vorbilder kennen. Wenn sie mit ihren kleinen selbstgemachten Möbelstücken nach Hause gehen, sind sie einfach stolz. Und wir bieten praktische Unterstützung bei der Berufswahl und bei Bewerbungen, zum Beispiel für Praktika.
Dorotea, 13 Jahre
Ich bin durch einen Kurs in der Schule hier ins Handwerkerinnenhaus gekommen. Gerade arbeite ich an einer Schatzkiste. Dafür muss ich das Holz erst ausmessen, dann die Bohrpunkte anzeichnen. Momentan schleife ich die Kiste mit Schleifpapier ab. Ich habe aber auch schon ein Zickzackregal gebaut und einen Diamantspiegel. Handwerken macht Spaß, weil man selber etwas bauen kann und viel dazu lernt. In nächster Zeit möchte ich noch gerne einen Schrank mit einem Geheimfach bauen.
Aysel, 12 Jahre
Das Erste was ich hier gemacht habe, war eine Hand aus Holz. Ein Modell meiner eigenen Hand. Momentan arbeite ich an einer Kiste. Das Zusammenbauen der einzelnen Teile macht mir beim Handwerken am meisten Spaß. Ich freue mich immer, wenn ich meine fertigen Sachen sehe. Die Kiste, an der ich gerade arbeite, habe ich weiß lackiert. Und vorne drauf habe ich das Vereinswappen von Fenerbahce Istanbul gemalt. Natürlich weil ich Fan von diesem Fußballclub bin.
Tuğba, 15 Jahre
Ich baue gerade an einer Murmelbahn. Das war meine eigene Idee. Ich habe eine Vorlage gesehen und dann einfach losgelegt. Am meisten Spaß macht mir das Lackieren. Ich zeichne und male gerne und arbeite insgesamt sehr gerne mit Farben. Viele, die so etwas noch nie gemacht haben, denken dass man sich beim Handwerken leicht verletzen kann. Aber das stimmt nicht, wenn man gut aufpasst. Mir gefällt, dass ich mich hier im Handwerkerinnenhaus kreativ richtig austoben kann.
Tischlerin Petra Supplie
Bei uns lernen die Mädchen nicht nur mit Werkzeugen und Werkstoffen umzugehen und einen eigenen Geschmack und Vorlieben zu entwickeln. Sie lernen auch, dass man durch Übung zum Erfolg kommt. Und dass man mit Geduld vieles erreichen kann. Ihre Werkstücke, die sie hier fertigen, können sie auch anderen zeigen. Das ist etwa Besonderes und gut fürs Selbstbewusstsein. Viele junge Frauen, die ich lange Zeit nach ihren Kursen wieder treffe, haben die Sachen, die sie hier gefertigt haben, immer noch zu Hause.
Von Christina Rinkl