Flüchtlingsdrama: Die Odyssee des Rettungsschiffes Aquarius

Die Aquarius wird von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee betrieben. (Foto: Kenny Karpov/SOS) Mediterranee/dpa
Die Aquarius wird von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee betrieben. (Foto: Kenny Karpov/SOS) Mediterranee/dpa

Die Wellen schlagen meterhoch, das Wetter ist schlecht, die Passagiere sind erschöpft. Eigentlich ist es höchste Zeit für das Schiff „Aquarius“ endlich vom Wasser herunterzukommen. Seit mehreren Tagen schon fährt es auf dem Mittelmeer herum, mit zeitweise über 600 Personen an Bord. Das Problem: Lange wollte niemand das Schiff anlegen lassen. Denn es sind keine gewöhnlichen Passagiere an Bord, sondern Flüchtlinge. Das sorgt für viel Streit unter mehreren Ländern, denn wo das Schiff anlegt, da müssen auch die Flüchtlinge aufgenommen werden. Und dagegen weigerten sich zwei Länder.

Wie kamen die Menschen auf die „Aquarius“?

Viele hundert Menschen befinden sich derzeit auf dem Rettungsschiff, das Italien und Malta nicht anlegen lassen wollte. (Foto: Kenny Karpov/SOS Mediterranee/dpa)

Aufgebrochen sind die Flüchtlinge in Libyen. Das ist ein Land an der Küste in Nordafrika. Von dort aus wollten sie mit Schlauchbooten über das Meer nach Europa fahren. Allerdings gerieten sie in Seenot und drohten zu ertrinken. Deswegen rettete die „Aquarius“ Sonntagnacht die Menschen. Das Schiff wird von zwei Hilfsorganisationen betrieben und hat schon ganz oft Menschen auf dem Meer gerettet.

Die europäischen Gesetze sagen, dass Boote Flüchtlinge nach der Rettung auf dem schnellsten Weg an Land bringen müssen. Deswegen wollte die Crew der „Aquarius“ die Flüchtlinge dieses Mal nach Italien oder Malta bringen. Denn das waren die beiden europäischen Länder, die am nächsten lagen. Doch beide Länder wollten sich nicht darauf einigen, wer denn nun die Menschen bei sich an Land lässt. Italien sagte, Malta müsse die Flüchtlinge aufnehmen. Malta sagte, Italien müsse die Flüchtlinge aufnehmen. Eine Katastrophe drohte, weil an Bord das Essen und Trinken knapp wurde.

Warum wollte keines der Länder die „Aquarius“ anlegen lassen?

In den vergangenen Jahren sind mehr als eine halbe Millionen Flüchtlinge nach Europa gekommen. Das hast du bestimmt in den Nachrichten mitbekommen. Weil sie meistens über das Mittelmeer reisen, kommen viele von ihnen in Italien an. Das ist eine schwierige Aufgabe für das Land. Aber Italien hat sich bisher nie verweigert, den Menschen aus Afrika zu helfen. Seit Anfang Juni allerdings hat Italien eine neue Regierung. Besonders der Chef der Partei „Lega“, Matteo Salvini, will, dass Italien weniger Flüchtlinge aufnimmt. Deswegen hat die Regierung die „Aquarius“ nicht anlegen lassen. Experten glauben sogar, Italien und Malta hätten sich darüber vorher abgesprochen.

Wie geht es jetzt mit dem Schiff weiter?

Damit es allen Menschen an Bord bald wieder gut geht, hat sich Spanien bereiterklärt, die Flüchtlinge aufzunehmen. Die „Aquarius“ ist bereits auf dem Weg dorthin. Die Fahrt ist allerdings sehr lang und dauert mehrere Tage. Das ist für die Menschen an Bord noch einmal sehr anstrengend. Experten haben nun Angst, dass Italien in Zukunft nur noch wenige Rettungsboote an seine Häfen lässt. Das wäre ein Problem, weil das für Gerettete an Bord von Schiff großen Stress verursachen würde. Deswegen diskutieren nun viele Politiker, wie die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa in Zukunft gehandhabt werden soll.

VON JONAH LEMM