Uroma, wie war Weihnachten früher?

Uroma, wie war Weihnachten früher?
Medi (11) mit ihrer Uroma (Foto: Privat)

Unsere Kinderreporterin Medi (11) hat ihre Uroma (91) über die Weihnachtszeit früher ausgefragt.

Ich freue mich auf Weihnachten. Jeden Tag öffne ich ein Päckchen an meinem Adventskalender, auf dem Weihnachtsmarkt esse ich gebrannte Mandeln und jeden Sonntag zünden wir am Adventskranz eine neue Kerze an. Das ist toll und war schon immer so, seit ich denken kann. Oft frage ich mich, wie die Weihnachtszeit früher war. Was für ein Glück, dass ich meine Uroma Charlotte habe Sie ist schon 91 Jahre alt ist.

Sag mal, Uroma, hattest du mit elf Jahren, so wie ich heute, auch einen Adventskalender mit Süßigkeiten und kleinen Überraschungen drin?

Nein, so etwas gab es damals noch nicht. Der kam erst viel, viel später. Es gab auch keinen Adventskranz. Was wir hatten war Tannengrün, Tannenzweige. Damit haben wir die Wohnung geschmückt. Ich weiß noch: Das hat wunderbar geduftet.

Gab es damals in Köln schon Weihnachtsmärkte? So, wie es sie heute gibt?

Nein, auch das gab es nicht, jedenfalls nicht in der Südstadt, wo ich damals lebte. Es gab einen Wochenmarkt am Severinskirchplatz. Dorthin kamen die Bauern aus dem Umland mit Pferd und Wagen, die beladen waren mit frischem Obst und Gemüse.

Was war denn deine Lieblingssüßigkeit in der Weihnachtszeit?

Marzipan! Marzipankartoffeln oder etwas länglicher, Marzipanbrote.

Habt ihr Weihnachtsplätzchen gebacken und durftest du helfen?

In der Mitte sitzt Medis Uroma Charlotte mit Puppe, drum herum ihre Vettern und Cousinen. (Foto: Privat)

Ja, wir haben Plätzchen gebacken, und ich half auch dabei mit. Aber gebacken habe ich nicht mit meiner Mutter. Backen war nicht ihr Ding. Das überließ sie lieber der Schwiegermutter, meiner Oma. Aber es dauerte nicht lange, da kam eine Zeit, in der haben wir keine Plätzchen mehr gebacken, denn als der Krieg begann, da wurden die Lebensmittel rationiert, das heißt, dass es nicht mehr genug Zucker und Mehl für alle gab. Da mussten wir mit dem auskommen, was wir hatten.

Und hast du einen Wunschzettel geschrieben?

Oh ja, das habe ich gemacht. So clever war ich schon. Der wurde abends außen auf die Fensterbank gelegt, und am nächsten Morgen war er verschwunden. Stattdessen lag dort ein kleines Marzipanbrot. Das hatte das Christkind dort für mich hingelegt.

Kannst du dich an einen besonderen Wunsch erinnern, der in Erfüllung ging?

Schlittschuhe! Die waren toll!

Und wie habt ihr in der Schule die Weihnachtszeit verbracht?

Im Handarbeitsunterricht haben wir Geschenke für unsere Eltern gemacht. Meistens haben wir etwas gestickt oder gehäkelt. Und ein paar Tage vor den Weihnachtsferien, da durften wir auf der Schultafel Weihnachtsbilder malen. Und weil ich sehr gut malen konnte, war ich immer mit dabei. Wir hatten eine dreiteilige Tafel, und mit einigen Mitschülerinnen, wir waren ja nur Mädchen damals in der Schule am Severinswall, da haben wir dann wundervolle Weihnachtsbilder gemalt. Das war so schön…

Habt ihr Nikolaus gefeiert?

Oh, ja! (meine Uroma lacht) Das wurde gefeiert, und der Nikolaus kam auch ins Haus. Ich kann mich erinnern, als ich fünf oder sechs Jahre alt war, da polterte der Nikolaus die Treppe rauf, mein lieber Mann! Das war gar nicht lustig, ich hatte ein bisschen Angst. Meine Mutter nahm mich in den Arm. Und dann stand der vor mir. Aber er hat mir nichts getan.

Bei seinem ersten Besuch bekam ich von ihm mein liebstes Märchenbuch geschenkt. Und da mochte ich ihn plötzlich und dachte mir: Der Kerl kann nächstes Jahr noch mal wieder kommen. Ich sah ihn noch einige Jahre bei uns. Und eines Tages hatte der Nikolaus den Hans Muff dabei, und der wiederum trug einen Sack, in dem hinten zwei Kinderbeine rausragten. Das hat nicht nur die jüngeren unter uns Kindern sehr beeindruckt. Diese Kinderbeine! Aber in Wahrheit waren das nur ausgestopfte Strümpfe mit Schühchen dran.

Und wie war das Weihnachtsfest in dieser Zeit, kannst du dich an ein besonderes erinnern?

Ja, als ich noch etwas kleiner war, da wohnten wir in Raderberg und meine Großeltern am Chlodwigplatz. Dort verbrachte ich meist den Tag, während meine Eltern und das Christkind den Weihnachtsbaum schmückten und alles vorbereiteten. Ich war sehr aufgeregt, weil mein Hauptwunsch in diesem Jahr ein Puppenwagen war. Aber nicht so ein altmodisches Korbding, sondern ein toller, moderner, tiefliegender.

Abends ging ich mit meinen Großeltern zu Fuß zurück nach Hause zu meinen Eltern. Das war ein langer Weg. Und gar nicht so selten lag Schnee. In Raderberg angekommen war Bescherung. Meine Eltern hatten immer einen so schön geschmückten Baum mit Kerzen und Kugeln. Alles war da – nur kein Puppenwagen. Ich habe gesucht, ich habe geguckt, ich glaube mein Gesicht wurde immer länger. Ich bekam was zum Anziehen, aber keinen Puppenwagen.

Doch dann: Meine Oma konnte meine Enttäuschung nicht mehr mit ansehen und hob die lange weiße Tischdecke an. Unter dem Tisch stand er: Ein wunderschöner, hochmoderner Puppenwagen! Ich war der Star vom Raderberg als ich am ersten Weihnachtstag, mit meinem Puppenwagen durch die Straßen zog.

Das Gespräch führte unsere Kinderreporterin Medi