Warum gibt es Ebbe und Flut?

Warum gibt es Ebbe und Flut?
Das Meer zieht sich bei Ebbe zurück - und eine Schülergruppe guckt vom Strand aus zu. (Foto: dpa)

Das Wasser ist weg. Am Mittag konnte man hier doch noch super schwimmen, aber jetzt ist da nur noch Sand, Schlamm und Matsch. Wo ist das Meer hin? Wenn du schon mal an der Nordsee Urlaub gemacht hast, weißt du, wie das ist: Bei Flut ist überall Wasser, bei Ebbe sieht man vor allem Land. Aber warum ist das eigentlich so?

Was sind die Gezeiten?

Flut nennt man den Zeitraum, in dem das Wasser an der Küste langsam ansteigt – bis es seinen höchsten Wasserstand erreicht hat. Ebbe ist der Zeitraum, in dem sich das Wasser wieder ins Meer zurückzieht und den tiefsten Wasserstand erreicht. Das Zusammenspiel von Ebbe und Flut heißt Gezeiten oder Tide. So eine Tide dauert etwa zwölf Stunden und 25 Minuten. Das heißt: Jeden Tag erreicht das Wasser an der Küste zweimal seinen höchsten und zweimal seinen niedrigsten Punkt.

Was ist die Anziehungskraft?

Bei Flut liegen die Schiffe im Wasser, bei Ebbe auf dem Trockenen. (Foto: dpa)

Um Ebbe und Flut zu verstehen, muss man vor allem eins kennen: Die Regel der Anziehungskraft. Sie gilt überall auf der Erde – und auch im Weltraum – und besagt: Alles, was aus Masse besteht, zieht sich gegenseitig an. Das ist auch der Grund dafür, warum wir über die Erde laufen – und nicht einfach in der Luft schweben. Denn die Erde mit ihrer Masse zieht uns Menschen an und wir ziehen die Erde an. Der zweite Teil des Regel besagt: Je mehr Masse etwas hat, desto stärker ist die Anziehungskraft. Die riesige Erde zieht also viel, viel, viel stärker an uns, als wir an ihr.

Warum gibt es die Gezeiten?

Für die ganze Wasserbewegung ist vor allem einer verantwortlich: der Mond. Die Anziehungskraft wirkt nämlich auch zwischen Himmelskörpern im Weltall. Die Erde zieht den Mond an, der Mond die Erde. Weil Wasser flüssig – und somit beweglich – ist, kann der Mond das Wasser der Erde zu sich hinziehen. Auf der Erdseite, an der gerade der Mond steht, hebt sich der Wasserspiegel also an. Das nennt man Flutberg. So, und jetzt kommt der Trick: Du weißt bestimmt, dass die Erde sich um sich selbst dreht. Dafür braucht sie etwa 24 Stunden, also einen Tag. Der Mond braucht aber gut 27 Tage, um die Erde zu umrunden – er steht also länger an einer Stelle. Deswegen dreht die Erde sich sozusagen unter dem Flutberg hindurch. Und irgendwann trifft der Flutberg dann die Küste und das Wasser steigt an Land.

Was ist die Fliehkraft?

Bei Ebbe bleibt viel Schlamm zurück. (Foto: dpa)

Jetzt kommt noch ein Physik-Gesetz. Hast du schon mal deine Freundin an den Händen gefasst und ihr habt euch ganz schnell im Kreis gedreht? Wenn du lange Haare hast, dann schwebten die irgendwann und wurden nach außen geschleudert. Das nennt man Fliehkraft. Und die wirkt auch bei Mond und Erde. Beide drehen sich um einen Punkt herum. Der liegt im Inneren der Erde. Und bei diesen Bewegungen entsteht Fliehkraft, das Wasser wird also sozusagen nach außen geschleudert. Auf der anderen Seite der Erde (die, wo der Mond gerade nicht steht), bildet sich ein zweiter Flutberg. Unter dem dreht die Erde sich ebenfalls hindurch. Zwischen den Flutbergen ist dann übrigens Ebbe.

Spielt die Sonne eine Rolle?

Seehunde sonnen sich bei Ebbe auf einer Sandbank. (Foto: dpa)

Auch die Sonne hat etwas Einfluss auf die Gezeiten. Denn auch sie zieht Erde und Mond an. Weil sie aber sehr weit weg von uns liegt, ist die Anziehungskraft zwischen Sonne und Erde nicht so stark wie die zwischen Mond und Erde. Die Sonne entscheidet nur darüber, wie stark die Gezeiten sind. Das hängt nämlich davon ab, wie Sonne, Mond und Erde zueinander stehen. Stehen alle drei in einer Linie (bei Neumond und Vollmond), ist die Flut besonders stark. Das heißt Springtide. Bei zu- und abnehmendem Halbmond stehen Sonne, Erde und Mond nicht in einer Linie, die Anziehungskräfte von Mond und Sonne wirken gegeneinander – und die Flutberge sind kleiner. Das nennt man dann Nipptide.

Gibt es in Seen Ebbe und Flut?

In Seen ist doch viel Wasser – dort müsste es also eigentlich auch Ebbe und Flut geben. Oder? Nein, gibt es nicht. Denn auch ein riesig großer See hat viel zu wenig Wasser – und somit Masse –, um einen Flutberg aufzubauen. Ebbe und Flut hängen nämlich sehr stark von Masse ab. Und einen See kann man natürlich nicht mit einem riesigen Ozean wie dem Atlantik vergleichen.

Selbst in kleineren Meeren, die von viel Land umgeben sind, wie der Ostsee oder dem Mittelmeer, merkt man die Gezeiten kaum. Es gibt sie dort zwar, aber die Wassermassen sind so klein, dass sie nur ein bisschen ansteigen – und wir Urlauber das dann gar nicht merken.

Von Angela Sommersberg