Europa schaut nach Österreich

Europa schaut nach Österreich
Alexander Van der Bellen ist bei der Wahl in Österreich unabhängiger Kandidat. Das heißt: Er gehört zu keiner Partei. (Foto: dpa)

Worum geht es bei der Präsidentschafts-Wahl?

Anders als bei uns in Deutschland wird der Präsident in Österreich direkt vom Volk gewählt. Ungefähr 6,4 Millionen Österreicher ab 16 Jahren können über das Staatsoberhaupt abstimmen. Es ist das höchste Amt in Österreich. Der Bundespräsident wird für sechs Jahre gewählt. Bis zuletzt war Heinz Fischer von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) Präsident. Nach zwölf Jahren, also zwei Amtszeiten, durfte der 78-Jährige nicht wieder antreten. Das ist im österreichischen Gesetz so festgelegt.

Was ist so besonders bei dieser Wahl?

Experten sprechen von einer „historischen“ Wahl: Es ist nämlich das erste Mal in der Geschichte Österreichs, dass es kein Kandidat der bisherigen großen Parteien SPÖ und ÖVP (Österreichische Volkspartei) in die Stichwahl geschafft hat. Die beiden Kandidaten holten jeweils nur rund elf Prozent der Stimmen.

Warum gibt es eine Stichwahl?

Am 24. April stimmten die Österreicher zum ersten Mal über den Präsidenten ab. Doch keiner der Kandidaten bekam mehr als 50 Prozent der Stimmen. Die sind nötig, um die Wahl zu gewinnen. Daher gibt es eine Stichwahl. Es treten dabei nur noch die beiden Kandidaten an, die in der ersten Runde die meisten Stimmen bekommen haben.

Welche Kandidaten stehen zur Wahl?

Norbert Hofer tritt für die FPÖ an. (Foto: dpa)

Norbert Hofer tritt für die FPÖ an. (Foto: dpa)

Norbert Hofer von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) bekam bei der ersten Wahl rund 35 Prozent der Stimmen. Der 45-Jährige will unter anderem, dass Regeln für Flüchtlinge verschärft werden: Es sollen viel weniger nach Österreich kommen. Und die sollen im Land deutlich schlechtergestellt werden als Einheimische. Zum Beispiel sollen Österreicher gegenüber Einwanderern bei der Jobsuche immer bevorzugt werden. Hofers Gegner ist Alexander Van der Bellen: Der 72-Jährige tritt als unabhängiger Kandidat an, wird aber von den Grünen unterstützt. Beim ersten Durchgang stimmten gut 21 Prozent der Wähler für ihn. Van der Bellen spricht sich dafür aus, dass Flüchtlinge auch eine Chance für das Land sind. Er ist dagegen, Grenzen zu schließen oder Zäune um das Land zu ziehen.

Welche Rechte hat der Bundespräsident?

In Österreich hat der Bundespräsident viele Rechte, die der deutsche Bundespräsident nicht hat. Er kann zum Beispiel einzelne Minister abberufen oder die ganze Regierung auflösen, den Kanzler entlassen und neu bestimmen. Viele Leute befürchten: Wenn Hofer gewinnt, wird er den Kanzler entlassen. Es wird Neuwahlen geben. Bei denen könnte dann die FPÖ die meisten Stimmen gewinnen. In den Umfragen liegt die FPÖ seit 2015 vor SPÖ und ÖVP. Momentan kommt sie auf rund 35 Prozent der Stimmen. Als Präsident könnte Hofer den FPÖ-Parteichef  Heinz-Christian Strache zum Kanzler ernennen.

Was sind die Positionen der Partei FPÖ?

Die Partei gilt als feindlich gegenüber Ausländern, insbesondere Muslimen. Außerdem will sie, dass nicht mehr so viele Flüchtlinge ins Land kommen. Kritiker bezeichnen die Partei als rechtspopulistisch.  Populistisch bedeutet, dass Politiker den Wählern nach dem Mund reden: Sie sagen, was die Wähler hören wollen. Oder es werden scheinbar einfache Lösungen für komplizierte Probleme versprochen. Der Begriff „rechts“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Partei zum Beispiel Stimmung gegen Ausländer macht. Viele Menschen im In- und Ausland beobachten es mit Sorge, dass Österreich – genau wie andere Länder – nach rechts rückt.

Von Kathy Stolzenbach