Kunststücke im Zirkuszelt

Kunststücke im Zirkuszelt
Wir haben beim Pferde-Training im Zirkus zugeguckt. Hier proben die Tiere für den Auftritt vor Publikum. (Foto: Martina Goyert)

Billy läuft unter Sunnys Bauch und dreht eine Runde: Zuerst um die Hinterbeine herum, dann um die Vorderbeine. Dann stellt Billy sich hin und steckt seinen Kopf zwischen Sunnys Vorderbeinen hindurch. So als würde er aus einem Fenster herausgucken.

Beim Training läuft Billy brav zwischen Sunnys Beine. Karl Trunk berät sich mit der zweiten Trainerin Vivi Paul. (Foto: Martina Goyert)

Beim Training läuft Billy brav zwischen Sunnys Beine. (Foto: Martina Goyert)

Billy und Sunny sind Pferde im Roncalli-Zirkus. Sunny ist sieben Jahre alt und mit 1,90 Meter das größte Pferd der Show. Er ist ein Shire-Horse – das ist die größte Pferderasse der Welt. Billy ist mit seinen 18 Jahren zwar das älteste Pony im Zirkus – aber auch das kleinste. Nur 75 Zentimeter ist er groß – und passt so problemlos zwischen Sunnys Beine. Karl Trunk sorgt dafür, dass Billy so geordnet seine Runden dreht und Sunny brav stehen bleibt. Er ist Pferdetrainer im Roncalli-Zirkus. Wir haben ihm beim Training zugeschaut.

Wo leben die Zirkus-Pferde?

Pferdetrainer Karl Trunk (Foto: dpa)

Pferdetrainer Karl Trunk (Foto: dpa)

Seit mehr als fünf Jahren arbeitet Karl Trunk für den Roncalli. Das Zirkus-Leben kennt er aber schon sein Leben lang, seit sechs Generationen arbeitet seine Familie im Zirkus. Die neun Ponys und das Pferd aus der Show  gehören ihm. Mit ihm reisen sie von einer Stadt zur nächsten. Die Tiere haben einen Stall direkt neben dem Zirkuszelt, das steht zurzeit in Köln auf dem Neumarkt. Dort verbringen sie den Tag, haben Training sowie nachmittags und abends eine Show.

Abends werden sie mit einem Transporter zu dem Platz gebracht, an dem die Zirkuswagen stehen. Dort übernachten die Tiere in einem großen Stall. Oft gibt es in der Nähe auch eine Weide, auf der sie an freien Tagen grasen können. In der Winterpause stehen die Pferde bei Karl Trunk zu Hause. Dort gibt es auch eine Manege – denn im Winter werden neue Kunststücke trainiert.

Wie trainieren die Zirkus-Pferde?

Beim Training rangeln die Pferde miteinander. (Foto: dpa)

Beim Training rangeln die Pferde miteinander. (Foto: dpa)

Neue Pferde kommen zu Karl Trunk, wenn sie zwei Jahre alt sind. Dann lernen sie das Pferde-ABC: Die Gangarten Schritt, Trab und Galopp auf Kommando zu zeigen oder sich in der Manege zurechtfinden.  Als Karl Trunk die Pferde in die mit Sägemehl ausgestreute Manege lässt, dürfen sie erst mal spielen. Alle rennen wild durcheinander und jeder will der Stärkste sein: Manche Hengste treten aus, andere steigen auf die Hinterbeine und manche versuchen sogar zu beißen.

Beim Spielen können die Tiere sich austoben. Aber auch für Karl Trunk ist diese Zeit wichtig: „Ich beobachte genau, was die Pferde machen. Wenn eines schon im Spiel steigt, belohne ich dieses Verhalten und kann es später vielleicht für einen Trick verwenden.“ Die Tiere lernen also vor allem die Kunststücke, für die sie Talent haben.

Was zeigen die Pferde in der Show?

In der Pferdeschule starten neue Tiere mit zwei Jahren. (Foto: dpa)

In der Pferdeschule starten neue Tiere mit zwei Jahren. (Foto: dpa)

Das Pony Aramis zum Beispiel kann mehrere Meter auf den Hinterbeinen durch die Manege laufen. Insgesamt dauert die Pferde-Show acht Minuten. Karl Trunk sagt, dass die Pferde keine Angst haben, wenn so viele Menschen im Zirkuszelt sitzen: „Sie sind daran gewöhnt und sie vertrauen mir“, sagt der Trainer. Er achtet aber darauf, dass die Beleuchtung und die Musik immer gleich sind. Sonst könnten die Tiere nervös werden. Wenn mal ein Trick schiefgeht, bekommen sie keinen Ärger. „Oft merken die Zuschauer das auch gar nicht. Ich tue dann einfach so als wäre es Absicht gewesen.“ Er glaubt, dass die Tiere gerne auftreten. Nach einigen Tagen Pause würden sie sich richtig freuen, wieder in die Manege zu kommen.

Gehören Tiere in die Zirkusmanege?

Tierschützer kritisieren die Zirkus-Kunststücke. (Foto: Martina Goyert)

Tierschützer kritisieren die Zirkus-Kunststücke. (Foto: Martina Goyert)

Viele Menschen meinen, dass es nicht gut für Tiere ist, im Zirkus aufzutreten. Dabei geht es oft um wilde Tiere wie Affen, Löwen oder Elefanten. Solche Tiere gibt es schon seit 25 Jahren nicht mehr im Roncalli. Mit Pferden zusammenzuarbeiten sieht der Zirkus als unproblematisch an, weil diese Tiere den Umgang mit Menschen schon lange gewöhnt sind. Karl Trunks Pferde  im Roncalli sehen gepflegt aus. Zufrieden kauen sie auf ihren Leckerchen herum. Liebevoll streichelt der Trainer Sunny. „Die Tiere können nicht sprechen, deswegen achte ich darauf, dass es ihnen gut geht“, sagt er. „Sie sind doch meine Familie.“

Angeberwissen über den Roncalli-Zirkus

Wusstest du …

… dass im Roncalli 120 Menschen arbeiten?

… dass diese Menschen aus 22 Ländern kommen?

… dass der Koch aus dem Senegal  etwa 50 Kilogramm Pasta kocht, um an einem Tag alle satt zu bekommen?

… dass drei Bäcker in einer Tournee  500 Kilogramm Zucker in Zuckerwatte verwandeln?

… dass der Platz, auf dem das Roncalli-Zelt steht, ungefähr so groß sein muss wie ein Fußballfeld?

… dass das Zelt 16 Meter hoch  und die Manege im Durchmesser 11,5 Meter ist?

… dass in der Manege 12.000 Liter Erde und 8000 Liter Sägemehl  verteilt werden, damit der Boden für Artisten und Pferde schön federt?

Von Angela Sommersberg