Flüchtlingskinder im Klassenzimmer

Flüchtlingskinder im Klassenzimmer
In Deutschland haben auch Flüchtlingskinder Schulpflicht - genau wie du. (Foto: dpa)

Habt ihr plötzlich auch viele neue Kinder an der Schule? Das sind vielleicht  Flüchtlingskinder. Sie mussten aus ihrer Heimat fliehen, weil es ihnen dort schlecht ging, Krieg herrschte oder sie verfolgt wurden.

800 000 Flüchtlinge kommen in diesem Jahr wohl in Deutschland an, Experten schätzten, dass etwa ein Drittel davon – 270 000 – Kinder sind. Diese Zahl würde mehr als fünfmal das Rhein-Energie-Stadion in Köln füllen. Aber was sind das für Kinder, die neben euch die Schulbank drücken? Das klären wir mit Hilfe von Marcus Böhmer. Er ist Psychologe bei der Caritas und kümmert sich um Flüchtlingskinder.

Woher kommen sie?

Viele Flüchtlinge kommen aus Syrien, einem Land südlich der Türkei. Eine andere große Gruppe kommt vom Balkan – damit sind verschiedene Länder im Südosten von Europa gemeint. „In Syrien herrscht seit Jahren Bürgerkrieg. Die Menschen haben oft keine Wohnung und nur wenig Essen und Trinken“, sagt Marcus Böhmer. Viele Kinder haben im Krieg schreckliche Dinge gesehen:  wie Bomben explodiert oder Menschen gestorben sind. Viele Flüchtlinge vom Balkan  gehören zu der Volksgruppe der Roma. Sie haben kein  eigenes Land, werden oft verfolgt und sind sehr arm.

Wie fliehen die Flüchtlinge?

Weil es ihnen so schlecht geht, müssen viele Menschen fliehen. „Niemand verlässt gerne sein Zuhause“, sagt Marcus Böhmer. Die Flucht ist sehr gefährlich. Oft geht sie durch viele Länder, die Menschen reisen zu Fuß, in überfüllten  Bahnen oder Booten.   „Die Menschen haben Angst um ihr Leben und Angst, nie am Ziel anzukommen.“ Wenn sie es dann in ein sicheres Land wie Deutschland geschafft haben, wohnen sie oft mit sehr vielen anderen zusammen in Flüchtlingsheimen. „Die Kinder haben oft Angst, nachts zum Klo zu gehen, weil sie an so vielen Menschen vorbei müssen“, erzählt Marcus Böhmer.

Wie fühlen sie sich?

Unter den Bedingungen leiden die Flüchtlinge sehr. Experten schätzen, dass etwa die Hälfte der Menschen ein Trauma erlitten haben: „Sie haben  ein sehr belastendes Ereignis erlebt, bei dem sie sich völlig hilflos gefühlt haben – und aus dem sie nicht fliehen konnten“, sagt Marcus Böhmer. Viele Menschen leiden auch später noch darunter: Sie können nicht schlafen,  haben Albträume. Andere Kinder erleben die furchtbare Situation im Kopf immer wieder – und spielen oder malen den Krieg, den sie erlebt haben.

Wann geht’s in die Schule?

Sobald ein Flüchtlingskind an einem Ort lebt, geht es in die Schule. Manche sind  in speziellen Willkommens- oder Eingliederungsklassen. Dort lernen sie vor allem Deutsch, haben aber auch Fächer wie Mathe und Kunst. Sobald sie gut Deutsch können, gehen sie in eine normale Klasse. In anderen Schulen sitzen Flüchtlingskinder mit in deiner Klasse und gehen einige Stunden pro Woche in den Deutsch-Förderunterricht. „Viele Kinder konnten in ihrer Heimat nicht in die Schule gehen. Sie freuen sich jetzt total!“, sagt Marcus Böhmer. Obwohl es schwierig ist, im Flüchtlingsheim Hausaufgaben zu machen, bemühen die Kinder sich.

Was kannst du tun?

Traumatisierte Kinder sind oft sehr zurückgezogen, oder sie werden schnell wütend. Das liegt an den schlimmen Dingen, die sie erlebt haben. Davon dürft ihr euch nicht einschüchtern lassen: Alle Flüchtlingskinder sind normale Kinder wie ihr. Und sie haben Lust auf die gleichen Sachen. „Fragt die Kinder doch, ob sie Lust haben,  mit Fußball oder Fangen zu spielen“, rät Marcus Böhmer. Wenn ein Kind weint, könnt ihr hingehen und  fragen, was los ist. „Wenn das Kind nicht von seinen Erlebnissen erzählen möchte, ist das okay. Aber es freut sich, wenn  andere Kinder da sind.“ Viele Flüchtlingskinder brauchen Zeit, bis sie Vertrauen zu euch aufbauen. Bis dahin könnt ihr doch einfach zusammen kicken!

Von Angela Sommersberg