Briefträgerin im höchsten deutschen Wohnhaus

Für Elke Kaczmarek geht es jeden morgen hoch hinaus bis in den 41. Stock. (Foto: Goyert)
Für Elke Kaczmarek geht es jeden morgen hoch hinaus bis in den 41. Stock. (Alle Fotos: Goyert)

Jeden Morgen geht es für Elke Kaczmarek hoch hinauf. Sie ist Briefträgerin im höchsten Wohnhaus in Deutschland. Es steht in Köln in der Nähe vom Rhein und ist mit 155 Metern nur drei Meter niedriger als der Kölner Dom. Das Besondere: Die Briefkästen sind nicht vor dem Haus oder unten im Eingangsbereich, wie es sonst bei Hochhäusern der Fall ist. Die Briefkästen der 352 Wohnungen sind auf 41 Etagen verteilt.

Bis zu 800 Briefe pro Tag

(Foto: Goyert)

(Foto: Goyert)

Bei so vielen Menschen kommt natürlich täglich viel Post zusammen. 800 Briefe können es schon mal sein. Mit ihrem gelben Post-Fahrrad könnte Elke Kaczmarek so viele Briefe gar nicht transportieren. Deshalb wird die komplette Post für das Hochhaus in einem Lieferwagen dorthin gefahren. Elke Kaczmarek arbeitet aber nicht nur in diesem Hochhaus. Sie ist auch noch für andere Häuser zuständig. Ihr Arbeitstag beginnt morgens um 5.30 Uhr. Auf einem Postamt sortiert die 56-Jährige alle Briefe ihres Bezirks. Die Sendungen für das Hochhaus ordnet sie nach Etagen.

Säcke voller Post

Wenn Elke Kaczmarek dann mit ihrem gelben Fahrrad am Hochhaus ankommt, warten dort schon Säcke mit der Post auf sie. Sie packt alle Brief-Packen in einen großen Einkaufswagen und steigt in den Aufzug. An diesem Tag sind es Zehnerpacken: Alle zehn Etagen stoppt die Briefträgerin und legt einen Packen auf den Flur. „Am Wochenende sind es mehr Briefe, dann halte ich alle fünf Stockwerke“, sagt sie.

Neun Briefkästen pro Etage

Schließlich kommt sie im 41. Stock an. Zeit, um die tolle Aussicht zu genießen, hat Elke Kaczmarek aber nicht. Ohne richtig hinzuschauen, schiebt sie Brief für Brief in die Schlitze der metallenen Briefkästen. Es rattert laut, wenn sich die Klappe vor dem Schlitz öffnet und wieder schließt.  „Am Anfang habe ich mir manchmal die Finger geklemmt.“ Inzwischen weiß Elke Kaczmarek genau, welcher Kasten zu welchem Namen gehört. „Aber das hat etwas gedauert.“

Gleiche Namen

Schwierig wird es für Elke Kaczmarek nur, wenn Mieter dieselben Nachnamen haben und kein Vorname auf dem Umschlag steht. Und dann, wenn ein Mieter innerhalb des Hauses umzieht. Das kommt manchmal vor. Dann dauert es ein paar Wochen, bis sich die Briefträgerin daran gewöhnt hat. Außerdem gibt es zwei Menschen im Haus, die dieselben Vor- und Nachnamen haben. Gleiche Namen, gleiche Adressen, aber verschiedene Etagen – wer bekommt welchen Brief? „Manchmal müssen die beiden ihre Briefe tauschen. Die kennen sich inzwischen“, sagt die Postbotin und lacht.

Zu Fuß hinab

Von der 41. Etage aus geht es zu Fuß hinab. 16 Stufen pro Etage, das macht 656 Stufen am Tag. „Es lohnt sich nicht, für eine Etage den Aufzug zu nehmen“, sagt Elke Kaczmarek. Alle zehn Etagen nimmt sie den Packen mit den Briefen für die nächsten zehn Stockwerke, den sie vorher vor dem Aufzug abgelegt hat.

Schon seit 25 Jahren verteilt Elke Kaczmarek die Post in dem Hochhaus. Weil sie sehr schnell ist und so ein ausgeklügeltes System hat, braucht sie jeden Tag etwa nur eine Stunde, um alle Briefe einzuwerfen. „Ich arbeite gern hier. Im Winter kann ich mich hier drinnen etwas aufwärmen.“ Sie kennt die meisten Mieter des Hauses und weiß genau, wer welche Zeitung abonniert hat.

Nach einer Stunde kommt die Briefträgerin wieder im Erdgeschoss an. „Bis morgen“, ruft sie dem Pförtner zu. Draußen steigt sie auf ihr gelbes Rad und fährt zu den nächsten Häusern. Die sind aber nicht so hoch.

Von Kathy Stolzenbach